Band 2:
Hornburg, V. (1991): Untersuchungen zur Mobilität und Verfügbarkeit von Cadmium, Zink, Mangan, Blei und Kupfer in Böden. 228 S., 30 Abb., 82 Tab. (vergriffen).
Zusammenfassung Band 2
Hornburg, V. (1991): Untersuchungen zur Mobilität und Verfügbarkeit von Cadmium, Zink, Mangan, Blei und Kupfer in Böden.
Ausgelöst durch eine Reihe hoher und die Toleranzgrenzen in Böden und Pflanzen überschreitender Schwermetallgehalte wurde vom Ministerium für Ernahrung, Landwirtschaft und Forsten in Kiel 1983 eine Studie in Auftrag gegeben, Anhaltspunkte über die Gehalte an Cadmium, Zink, Mangan, Blei und Kupfer in schleswig-holsteinischen Oberbodenproben und den Transfer dieser Elemente in die Pflanzen zu gewinnen. Es sollte außerdem verglichen werden, inwieweit sich die in Modellversuchen von HERMS (1982) gefundenen Ergebnisse zur Schwermetallmobilität durch Ergebnisse aus Felderhebungsuntersuchungen bestätigen lassen.
Aus den schleswig-holsteinischen Landschaften Marsch (N = 70), Geest (N = 33) und Östliches Hügelland (N = 55) wurden in den Jahren 1983 bis 1986 158 Oberboden- und 149 Pflanzenproben von belasteten und unbelasteten Acker- Grünland- und Waldstandorten entnommen und auf ihre Gehalte an Cadmium (Cdt: 0,05 - 6,2 mg/kg), Zink (Znt: 6,1 - 545 mg/kg), Mangan (Mnt: 38 - 5546 mg/kg), Blei (Pbt: 5,0 - 339 mg/kg) und Kupfer (Cut: 1,4 - 155 mg/kg) untersucht. Die entnommenen Bodenproben weisen ein weites Spektrum in ihren Eigenschaften auf (pH 2,6 - 7,6; Corg-Gehalt 0,5 - 32,1%; Tongehalt 2,5 - 40,8%; Carbonatgehalt 0 - 18%). Hinsichtlich des Pflanzenmaterials wurden Weizenkörner (N = 122) und Sellerieknollen (N = 11) sowie Grasproben von Grünland- (N = 8) und Gras- plus Krautproben von Waldstandorten (N = 8) untersucht.
Nach den in der Literatur bereits vorliegenden Ergebnissen wurden folgende Schwermetallfraktionen unterschiedlicher Mobilität und Verfügbarkeit in Böden bestimmt:
- Lösliche (wasserlösliche) Fraktion im Bodensättigungsextrakt (BSE).
- Lösliche plus leicht nachlieferbare Fraktion im 0,1 M CaCl2-Extrakt.
- Lösliche plus leicht und mäßig nachlieferbare Fraktion im DTPA-Extrakt.
- Lösliche plus insgesamt nachlieferbare Fraktion im EDTA-Extrakt.
- Gesamte Gehalte an Schwermetallen im HNO3/HClO4-Aufschluß.
Die untersuchten Schwermetalle weisen starke Unterschiede in Hinblick auf ihre Gesamtgehalte, ihre extrahierbaren Anteile am Gesamtgehalt, ihre Mobilität und Verfügbarkeit auf.
Die Grenzwerte der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) von 1982 sowie die für die Fortschreibung der AbfKlärV 1990 vorgeschlagenen Grenzwerte für Cadmium (1982: 3; 1990: 1,5 und 1 mg/kg) und Zink (1982: 300; 1990: 200 und 150 mg/kg) werden häufiger überschritten als die der Elemente Blei (100 mg/kg) und Kupfer (1982: 100, 1990: 60 mg/kg). Höchstgehalte wurden bei Cadmium und Zink in Bodenproben von industrienahen Ackerstandorten, von Blei und Kupfer in stadtnahen Waldbodenproben gemessen. Insgesamt sind jedoch die Schwermetallgehalte in den untersuchten schleswig-holsteinischen Bodenproben als gering einzustufen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen liegen die Gehalte bei der Mehrzahl der untersuchten Bodenproben deutlich unter den Grenzwerten der AbffKlärV (1982). Im Mittel (N = 158) liegen 0,80 mg Cadmium, 83 mg Zink, 541 mg Mangan, 32 mg Blei und 13,5 mg Kupfer pro kg Boden vor. Ohne Einbezug der Bodenproben von industrienahen Ackerstandorten (N = 137) betragen diese Mittelwerte 0,34 mg Cadmium, 55 mg Zink, 438 mg Mangan, 27 mg Blei und 11,2 mg Kupfer pro kg Boden.
Die mit den verschiedenen Extraktionsmethoden erfaßten Schwermetallfraktionen sind z.T. eng miteinander korreliert. Insbesondere bestehen zwischen den gesamten, den EDTA- und DTPA-extrahierbaren Schwermetallgehalten enge bis sehr enge Beziehungen. Damit stellen offenbar alle drei Fraktionen Vorratsgrößen dieser Elemente dar. Bei Zink und Mangan sind die Beziehungen zwischen den gesamten und EDTA- bzw. DTPA-extrahierbaren Gehalten deutlich weiter. Entsprechend sind auch die Anteile der EDTA- bzw. DTPA-extrahierbaren Fraktion am Zn-Gesamtgehalt von allen untersuchten Elementen mit durchschnittlich 19% bzw. 9,1% und bei Mangan mit 55,5% DTPA-Anteil am Mn-Gesamtgehalt am kleinsten.
Die leicht lösliche Schwermetallfraktion im Bodensättigungsextrakt (BSE) sowie die lösliche plus leicht nachlieferbare CaCl2-extrahierbare Fraktion werden - wie die deutlich schlechteren Beziehungen zum Schwermetallvorrat (M-gesamt, M-EDTA, M-DTPA) zeigen - als Intensitätsgrößen nicht nur vom Gesamtgehalt des jeweiligen Schwermetalls, sondern auch durch andere Bodeneigenschaften, insbesondere die Bodenreaktion, beeinflußt. In eng begrenzten pH-Bereichen, wie z.B. in extrem bis stark versauerten Bodenproben von Waldstandorten, sind die als verfügbar definierten CaCl2-extrahierbaren und wasserlöslichen Schwermetallgehalte eng mit dem Schwermetallvorrat verknüpft. Insgesamt nehmen die Korrelationskoeffizienten der Beziehungen von den Schwermetallgesamtgehalten zu den verschiedenen Schwermetallfraktionen in folgender Reihe ab:
M-EDTA > M-DTPA > M-CaCl2 > M-BSE.
Die zwischen den CaCl-extrahierbaren und wasserlöslichen Schwermetallgehalten bestehenden Beziehungen konnen durch hoch-signifikante Regressionsgleichungen beschrieben werden. Bei Kupfer wird - dem einfachen Korrelationskoeffzienten zufolge (r = 0,43***) - mit dem CaCl2- und dem Bodensättigungsextrakt nicht derselbe Cu-Pool in den Bodenproben erfaßt. In multiplen Verrechnungen ergeben sich jedoch enge Zusammenhänge zwischen beiden Cu-Fraktionen, wenn der Cu-BSE-Gehalt als Funktion der Cu-CaCl2-Fraktion und des Tongehaltes der Böden berechnet wird.
Für die Beziehungen zwischen den DTPA-extrahierbaren und BSE-löslichen bzw. CaCl2-extrahierbaren Schwermetallgehalten deuten die Korrelationskoeffizienten - mit Ausnahme beim Zink - auf hoch-signifikant enge Abhängigkeiten hin. Die für diese Elemente extrahierbare DTPA-Fraktion kennzeichnet damit sowohl lösliche plus leicht nachlieferbare (Intensitätsgröße) als auch weitere potentiell verfügbare Schwermetallanteile (Quantitätsgröße).
Nach den Ergebnissen multipler Regressionsrechnungen stehen die Schwermetallgehalte im CaCl2- und Bodensättigungsextrakt in enger Beziehung zum Schwermetallvorrat (M-gesamt, M-EDTA, M-DTPA) und zur Bodenreaktion. Zumeist weisen die Ergebnisse die EDTA- bzw. DTPA-extrahierbaren Schwermetallgehalte und die Bodenreaktion als die wichtigsten Parameter zur Erklärung der Schwermetallgehalte im CaCl2- und Bodensättigungsextrakt aus. Bei den Elementen Zink, Mangan, Blei und Kupfer werden die Gehalte im CaCI2- und Bodensättigungsextrakt außerdem durch die Tongehalte der Böden sowie bei Cadmium, Zink und Mangan durch die Gehalte an organischer Substanz beeinflußt.
In gleicher Weise ist der Anteil der CaCl2-extrahierbaren und wasserlöslichen (BSE) Schwermetallfraktionen am Gesamtgehalt der Elemente (M-CaCl2 * 100/M-gesamt bzw. M-BSE * 100/M-gesamt) bzw. am EDTA-extrahierbaren (M-CaCl2 * 100/M-EDTA bzw. M-BSE * 100/M-EDTA) oder DTPA-extrahierbaren Schwermetallgehalt (M-CaCl2 * 1OO/M-DTPA bzw. M-BSE * 100/M-DTPA) eng mit der Bodenreaktion korreliert. Die Ergebnisse zeigen, daß der mobile und damit als verfügbar und verlagerbar definierte Schwermetallanteil mit zunehmender Versauerung und je nach Element unterschiedlich stark ansteigt. Im pH-Bereich 6,5 - 3 nimmt die Mobilität der Elemente (CaCl2-extrahierbare Anteile am Schwermetallvorrat) in der Reihenfolge
Cd > Mn > Zn > Cu > Pb
ab. Dagegen steigen im pH-Bereich 6,5 - 7,5 vor allem beim Kupfer - in geringerem Umfang auch beim Cadmium und Blei. - die CaCl2-extrahierbaren Anteile am Vorrat des jeweiligen Schwermetalls infolge einer Mobilisierung durch lösliche organische Komplexbildner. Damit verschiebt sich die Mobilitätsreihe der verschiedenen Elemente und lautet bei pH > 6,5
Cd > Mn > Cu > Zn > Pb.
Das überwiegend sorptiv an mineralische Bodenkomponenten und komplex an die organische Substanz gebundene Cadmium erweist sich damit als das mobilste, Blei, das im pH-abhängigen Löslichkeitsverhalten starke Ähnlichkeit mit Kupfer aufweist, als das unmobilste Element. Die Gesamtgehalte konnen damit nur sehr grobe Hinweise zur ökologischen Wirksamkeit von Schwermetallen in Böden geben. Eine verbesserte Beurteilung der Schwermetallmobilität und -verfügbarkeit und damit auch der gesetzlich festgelegten Grenzwerte bedarf deshalb der Einbeziehung des löslichkeitsbestimmenden pH-Einflusses. Als weitere Bodeneigenschaften beeinflussen der Humus- und Tongehalt die CaCI2-extrahierbaren wie auch die wasserlöslichen Schwermetallanteile im Boden. Ihr statistisch ermittelter Einfluß auf die Schwermetallmobilität ist jedoch - im Vergleich zur Bodenreakiion - deutlich geringer. Anhand der ermittelten Regressionen kann der Gehalt an CaCl2-extrahierbarem Cadmium, Zink, Mangan, Blei und Kupfer aus dem Gesamt- bzw. EDTA-extrahierbaren Gehalt und der Bodenreaktion geschätzt werden.
In nicht und wenig belasteten Boden weisen von den untersuchten Schwermetallfraktionen (M-gesamt, M-EDTA, M-DTPA, M-CaCl2, M-BSE) nur die Cd-, Zn- und Mn-Gehalte im CaCl2- und Bodensättigungsextrakt eine signifikante Beziehung zu den Schwermetallgehalten im Weizenkorn, in der Sellerieknolle (nur Zn-CaCl2, Mn-CaCl2) und im Gras plus Kraut von Waldstandorten (nur Zn-BSE) auf. Die aus den Beziehungen zum Cd-Gehalt im Weizenkorn für den einfachen (0,12 mg/kg Tr.S.) und doppelten Cd-Richtwert (0,24 mg/kg Tr.S.) berechneten Cd-Schwellenwerte im Boden betragen im Mittel 0,1 bzw. 0,2 mg Cd-CaCI2/kg Boden und 1,3 (g Cd/l BSE (= 0,6 (g Cd/kg) bzw. 3,5 (g Cd/l BSE ( = 1,4 /(g Cd/kg). Bei Einbezug der Analysendaten stark belasteter Bodenproben in die Korrelationsrechnung weisen alle Cd-Fraktionen enge Beziehungen zum Cd-Gehalt im Weizenkorn auf.
Mit Hilfe multipler Korrelationen wurde geprüft, welche weiteren Bodeneigenschafen einen signifikanten Einfluß auf die Schwermetallgehalte in den Pflanzen, vor allem im Weizenkorn, ausüben. Dabei ergeben sich weiterhin signifikante Beziehungen zum Schwermetallvorrat, zur Bodenreaktion und zur Spurenelementversorgung (Cu, Mn, Zn). In Böden gleicher Schwermetallbelastung führt eine mit abnehmenden pH-Werten zunehmende Schwermetallmobilität auch zu einer erhöhten Aufnahme durch die Pflanzen. Darüber hinaus kann die Aufnahme toxischer Elemente - wie z.B. Cadmium - offenbar durch Spurenelementmangel (Cu, Mn, Zn) gefördert werden. Bodennutzungsformen, die eine Versauerung und Nährstoffverarmung der Böden bewirken, haben damit zunehmende Cd-Gehalte vor allem in Cd-akkumulierenden Pflanzen wie Weizen zur Folge. Aus den multiplen Regressionsgleichungen werden für den einfachen und doppelten Cd-Getreide-Richtwert Schwellenwerte für die gesamten und EDTA-extrahierbaren Cd-Gehalte in Abhängigkeit von der Bodenreaktion und der Spurenelementversorgung abgeleitet. Diese Schwellenwerte liegen deutlich unter dem derzeit gültigen Cd-Grenzwert der Klärschlammverordnung.
Vor allem auf sauren Grünland- und Waldstandorten ist mit einer allgemein erhöhten Schwermetallverfügbarkeit zu rechnen. Im Vergleich zu den Grasproben von mäßig sauren Wiesen und Weidestandorten (pH 5,3) weist die Gras- plus Krautvegetation der untersuchten sehr stark sauren Waldstandorte (pH 3,1) um teilweise das mehrfach höhere Cd-, Zn-, Mn- und auch Pb-Gehalte auf. Dies könnte damit eine Ursache für die in Schleswig-Holstein festgestellte Schwermetall- und insbesondere Cd-Anreicherung in Nieren und Lebern von Wildtieren (Hasen, Rehe und Schwarzwild) sein.
Zusammenfassend gilt, daß es mit zunehmender Bodenversauerung zu einer stark ansteigenden Mobilität an Cadmium > Mangan > Zink > Kupfer > Blei und damit zu einer entsprechend hohen Mobilität und Verfügbarkeit dieser Schwermetalle ;auch; auf wenig belasteten Standorten kommen kann. Neben den Gesamtgehalten sollte deshalb zusätzlich der mobilitätsbestimmende Einfluß der Bodenreaktion mit in die Grenzwertermittlungen einbezogen werden. Außerdem ist die Spurenelementversorgung der Böden für die Aufnahme toxischer Elemente wie Cadmium von statistisch signifikanter Bedeutung. Weitere Einflußgrößen auf die Schwermetallmobilität und -verfügbarkeit wie z.B. der Humus- und Tongehalt der Bodenproben führen meist nur zu einer geringfügigen Verbesserung der Aussagen.