Forschergruppe 566

Zusammenfassung:

Es bestehen wachsende Befürchtungen, dass die Verwendung von Antibiotika in der Tierhaltung und das Vorkommen von Antibiotikarückständen in Wirtschaftsdüngern eine Selektion von Antibiotikaresistenzen und eine Störung der mikrobiellen Gemeinschaft in Böden verursachen. Im Rahmen der DFG Forschergruppe FOR 566 wurde untersucht wie das Verhalten und die Effekte des Bakteriostatikums Sulfadiazin (SDZ) und des Bakterizides Difloxacin (DIF) in Böden miteinander koppeln. Zum Einsatz kamen Laborversuche, Mesokosmenversuche mit Pflanzen, Freilandversuche und modellgestützte Simulationen.

Beide Wirkstoffe werden größtenteils unverändert von behandelten Tieren ausgeschieden. Die Konzentrationen von SDZ steigen während der Lagerung aufgrund einer Re-Transformation von Metaboliten an. Eine solche Re-Transformation von SDZ-Metaboliten wird auch im Boden beobachtet. Das temperaturabhängige Verhalten von SDZ im Boden wird kontrolliert durch eine schnelle, reversible Bindung, gefolgt von einer teilweise reversiblen, kinetisch kontrollierten Umverteilung in stark gebundene, schwer extrahierbare, nicht biozugängliche Rückstände und in nicht extrahierbare Rückstände. Geringe biozugängliche Konzentrationen von Sulfadiazin im Boden werden durch die langsame Freisetzung aus stark gebundenen Rückständen über lange Zeit aufrechterhalten. Die Bindung des Fluoroquinolons DIF ist unter allen Versuchsbedingungen sehr stark.

Die Effekte der Antibiotika in den Böden treten verzögert zu ihren maximalen biozugänglichen Konzentrationen auf, weil mikrobielles Wachstum und damit verbundene Effekte durch die Verfügbarkeit von Kohlenstoffquellen und Nährstoffen in Gülle und in der Rhizosphäre kontrolliert werden. Beide Antibiotika beeinflussen die strukturelle Diversität der mikrobiellen Gemeinschaft des Bodens in Abhängigkeit von der spezifischen Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft in den unterschiedlichen Mikrohabitaten des Bodens. Die Effekte auf mikrobielle Funktionen im Boden wie die Nitrifikation können aber durch die funktionelle Redundanz innerhalb der mikrobiellen Gemeinschaft abgemildert werden. Modellierte effektive Konzentrationen (EC50) für individuelle mikrobielle Prozesse liegen im niedrigen µg kg-1 Bereich. Die Behandlung von Tieren mit SDZ und die Anwesenheit von SDZ in Gülle erhöhen die Konzentrationen und die Transferfrequenz von sul Resistenzgenen in der Gülle und im Boden. Vor allem Plasmide mit geringem GC-Gehalt und IncP-1ɛ Plasmide spielen eine wichtige Rolle für den horizontalen Transfer von Resistenzgenen in Gülle und Böden. Exogen isolierte Plasmide codieren oft Resistenzen gegenüber einer ganzen Reihe von Antibiotika (z.B. SDZ, Sulfamerazin, Oxytetrazyklin, Ciprofloxacin, Ampicillin, Chloramphenicol, Amikazin, Streptomycin, Trimethoprim) und Desinfektionsmitteln, was das Potenzial für eine Ko-Selektion von Resistenzen unterstreicht. Zum Beispiel führt das Vorkommen von DIF in Gülle nicht zu erhöhten Gehalten von qnr Fluoroquinolonresistenzgenen im Boden, wohl aber zum vermehrten Auftreten von sul Genen. In der Nähe von Pflanzenwurzeln kompensiert eine schnelle Dissipation der Wirkstoffe potentiell höhere Gentransferraten. Effekte der Antibiotika auf die mikrobielle Gemeinschaft des Bodens und die Konzentrationen von Resistenzgenen sind nur in Anwesenheit von Gülle signifikant. Es ist deshalb essentiell, dass ökotoxikologische Tests mit einer adäquaten Zufuhr von Kohlenstoffquellen und Nährstoffen, idealerweise in der Form von Gülle, durchgeführt werden. Die Etablierung von Dosis-Wirkungsbeziehungen bleibt aufgrund der heterogenen Verteilung von Wirkstoffen und Mikroorganismen in Böden und aufgrund der Interaktion mit anderen Schadstoffen und Stressoren eine Herausforderung. Die Aufwandmengen von Antibiotika, Schwermetallen und Desinfektionsmitteln in der Tierhaltung sollten deshalb durch eine verbesserte Tierhaltung konsequent minimiert werden. Sinkende Gehalte von SDZ, DIF und Resistenzgenen mit steigender Versuchsdauer nach Applikation von Gülle deuten an, dass bekannte Maßnahmen guter landwirtschaftlicher Praxis Umwelt- und Gesundheitsrisiken von Veterinärantibiotika vermindern helfen könnten.

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