Band 61:
Dalkmann, P. (2014): Fate and natural attenuation of pharmaceuticals during long-term wastewater irrigation in Central Mexico.
137 S., 19 Abb., 20 Tab.; 12,- €
Kurzfassung Band 61
Dalkmann, P. (2014): Fate and natural attenuation of pharmaceuticals during long-term wastewater irrigation in Central Mexico. 137 S., 19 Abb., 20 Tab.
Kurzfassung
Zur Verbesserung der Lebensmittelproduktion und zur Verringerung von Wasserknappheiten wird weltweit zunehmend Abwasser zur Bewässerung und zur künstlichen Grundwasseranreicherung eingesetzt. Allerdings stellt der gleichzeitige Eintrag von Humanarzneimitteln, Krankheitserregern und Resistenzdeterminanten mit dem Abwasser ein potentielles Risiko für die Umwelt und die menschliche Gesundheit dar. Wenig ist bekannt hinsichtlich der Prozesse und Raten, die die Verteilung und Akkumulation von aus dem Abwasser stammenden Arzneimitteln in der Umwelt steuern. Insbesondere fehlen diese Informationen für die Langzeitbewässerung mit ungeklärtem Abwasser, die zum Beispiel in der stadtnahen Landwirtschaft der meisten tropischen und subtropischen Metropolen praktiziert wird. Die Zielsetzung meiner Arbeit war es, aufzuklären, (i) ob, wie schnell und bis zu welchem Grad Arzneimittel in Abwasser bewässerten Böden akkumulieren. Um die zu Grunde liegenden Prozesse aufzudecken habe ich (ii) das Sorptions- und Desorptionsverhalten der Stoffe in Böden unterschiedlicher Bewässerungsdauer untersucht, (iii) mögliche Veränderungen in ihren Dissipationsraten bewertet und (iv) eine mögliche Freisetzung und anschließende Dissipation von Arzneimitteln in den mit Abwasser überstauten Böden unter abnehmenden Redoxpotentialen untersucht. Zur Erreichung dieser Ziele habe ich eine Chronosequenz von Böden (Leptosole, Phaeozeme, Vertisole) im Valle del Mezquital in Mexiko beprobt, welche von null bis 100 Jahre mit ungeklärtem Abwasser bewässert worden sind. Die Arzneimittel wurden sequentiell aus dem Boden extrahiert, (i) mittels CaCl2-Lösung zur Erfassung der biozugänglichen Fraktion und (ii) mittels beschleunigter Lösungsmittelextraktion (ASE) zur Erfassung der stark sorbierten, sequestrierten Stofffraktion. Desweiteren habe ich ein Batch-Sorptions- sowie ein Laborinkubationsexperiment durchgeführt, um die Auswirkung einer Langzeitbewässerung auf Sorptions- und Desorptionsprozesse, Dissipationsraten und eine mögliche Freisetzung der Arzneimittel unter aeroben bzw. anaeroben Bedingungen zu charakterisieren. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass Ciprofloxacin (CIP), Sulfamethoxazol (SMX) und Carbamazepin (CAR) in Böden mit ansteigender Bewässerungsdauer akkumulierten bis nach ca. 19-28 Jahren ein Plateau von ca. 1.4 µg kg-1 (CIP), 4.3 µg kg-1 (SMX) und 5.4 µg kg-1 (CAR) erreicht wurde. Die sauren Arzneimittel (Diclofenac (DIC), Naproxen (NAP), Bezafibrat (BEZ)) wurden nicht fixiert und akkumulierten deswegen auch nicht in den Böden. Neben einer Akkumulation von Arzneimitteln in Böden beeinflusste die Langzeitbewässerung mit Abwasser Sorptions- und Desorptionsprozesse von SMX, während die Sorption von CIP immer stark und größtenteils irreversibel und unabhängig von der Dauer der Bewässerung und des organischen Kohlenstoffgehaltes des Bodens war (Freundlich KF: 346 - 979 mg1-1/n L1/n kg-1, 1/n: 0.62 - 0.76). Die Sorption von SMX war stärker im unbewässerten Boden (KF: 4.14 mg1-1/n L1/n kg-1 ± 0.02, 1/n: 0.69 ± 0.02) als in den bewässerten Böden (KF:0.65 - 1.38 mg1-1/n L1/n kg-1; 1/n: 0.68 - 0.75). Zusätzlich war die Sorptionshysterese im unbewässerten Boden ausgeprägter als in den bewässerten Böden. Der Effekt des organischen Kohlenstoffgehaltes des Bodens auf die Sorption des anionischen Antibiotikums SMX war klein im Vergleich zum Effekt einer Veränderung in der Qualität der organischen Bodensubstanz (d.h. ein zunehmender Anteil an Carboxylgruppen mit zunehmender Bewässerungsdauer) und zum Effekt der Bewässerung (z.B. durch eine Konkurrenz mit akkumuliertem SMX oder mit anderen abwasserbürtigen Stoffen um Sorptionsplätze). Ich nahm an, dass die Verringerung der Sorption in Kombination mit einem Anstieg der mikrobiellen Biomasse und Aktivität einer potentiell angepassten mikrobiellen Gemeinschaft in bewässerten Böden zu einer beschleunigten Dissipation der Arzneimittel mit ansteigender Bewässerungsdauer führt. Anders als angenommen wurden die Halbwertszeiten der Dissipation (DT50) von SMX (2 - 33 Tage), DIC (< 0.1 - 1.4 Tage), BEZ (< 0.1 - 4.8 Tage), NAP (6 - 19 Tage) sowie CAR (355 – 1624 Tage) und CIP nicht durch die Dauer der Abwasserbewässerung beeinflusst. Die Dissipation von Trimethoprim (TRI) war sogar langsamer in Böden, die 100 Jahre bewässert worden sind (DT50: 45 - 72 Tage), als in unbewässerten Böden (DT50: 12 - 16 Tage) und waren negativ korreliert mit den organischen Kohlenstoffgehalten der Böden und den Boden-Wasser-Verteilungskoeffizienten. Die Anwendung eines Modells zur Berechnung des kinetischen Verhaltens ließ darauf schließen, dass das kationische oder ungeladene TRI und das ungeladene CAR wirksamer in Böden mit einer langen Bewässerungsgeschichte sequestriert wurden, was deren Biozugänglichkeit reduzierte, während solch eine erhöhte Sequestrierung für schnell dissipierende, zwitterionische und negativ geladene Arzneimittel nicht abgeleitet werden konnte. Niedrige Redoxpotentiale förderten möglicherweise die Dissipation von SMX, führten aber nicht zu einer Freisetzung von zuvor sorbierten Arzneimitteln aus dem mit Abwasser bewässerten Boden. Eine Langzeitbewässerung mit Abwasser kann zu einer Akkumulation von Arzneimitteln im Boden führen. Dieser Akkumulation wird nicht durch eine Anpassung des Bodensystems infolge der Langzeitbewässerung mit Abwasser und einer beschleunigten Dissipation der Arzneimittel entgegengewirkt. Veränderungen in den Bodeneigenschaften, wie z.B. in der Qualität und in der Quantität der organischen Substanz, kann sogar die Dissipation von kationischen Arzneimitteln verzögern und die Sorption von anionischen Arzneimitteln verringern, was die Stabilität des Systems der Abwasserbehandlung durch die Bodenpassage auf lange Sicht in Frage stellt. Zukünftige Forschung sollte aus diesem Grund die Möglichkeit einer Verbesserung der Nachhaltigkeit der Abwasserbewässerung bewerten, die sich z.B. durch verschiedene Behandlungsmethoden des Abwassers vor der Nutzung in der Landwirtschaft ergibt.
Abstract Band 61
Dalkmann, P. (2014): Fate and natural attenuation of pharmaceuticals during long-term wastewater irrigation in Central Mexico. 137 S., 19 Abb., 20 Tab.
Abstract
Wastewater reuse for irrigation and artificial groundwater recharge is increasingly practiced worldwide to improve the production of food and to alleviate water shortages. However, the concomitant release of human pharmaceuticals, pathogens, and resistance determinants with wastewater poses a potential risk for environment and human health. Little is known regarding the processes and rates that control the distribution and accumulation of wastewater-derived pharmaceuticals in the environment, particularly such information is missing for prolonged irrigation with untreated wastewater as it is common, for instance, in the peri-urban agriculture of most tropical and subtropical megacities. The aim of my work was to elucidate (i) whether, how fast, and to which degree pharmaceuticals accumulate in wastewater irrigated soils. To unravel the underlying processes, I studied (ii) shifts in sorption and desorption behavior of the compounds on soils under different duration of wastewater irrigation, (iii) evaluated potential changes in their dissipation rates, and assessed (iv) the potential release and subsequent dissipation of pharmaceuticals in the flooded soils at declining redox potentials. To achieve these aims, I sampled a soil irrigation chronosequence (Leptosols, Phaeozems, Vertisols) irrigated for zero to 100 years in the Mezquital Valley, Mexico. The pharmaceuticals were sequentially extracted from soil with (i) CaCl2 solution to account for the bioaccessible fraction, and (ii) accelerated solvent extractions (ASE) to access a strongly sorbed, sequestered compound fraction. Furthermore, I conducted a batch sorption as well as laboratory incubation experiments to reveal the impact of long-term irrigation on sorption and desorption processes, dissipation rates, and potential release of the compounds under aerobic and anaerobic conditions, respectively. The results showed that ciprofloxacin (CIP), sulfamethoxazole (SMX), and carbamazepine (CAR) accumulated in soil with increasing duration of irrigation until after 19 - 28 years a plateau was reached at approximately 1.4 µg kg-1 (CIP), 4.3 µg kg-1 (SMX), and 5.4 µg kg-1(CAR). Acidic pharmaceuticals (diclofenac (DIC), naproxen (NAP), bezafibrate (BEZ)) were not retained and thus did not accumulate in the soils. Besides the accumulation of pharmaceuticals in soils, long-term wastewater irrigation affected sorption and desorption processes of SMX, while sorption of CIP was always strong and largely irreversible irrespective of the duration of wastewater irrigation and of the soil organic carbon content (Freundlich KF: 346 - 979 mg1-1/n L1/n kg-1, 1/n: 0.62 - 0.76). Sorption of SMX was stronger in a non-irrigated soil (KF: 4.14 mg1-1/n L1/n kg-1 ± 0.02, 1/n: 0.69 ± 0.02) than in irrigated ones (KF:0.65 - 1.38 mg1-1/n L1/n kg-1; 1/n: 0.68 - 0.75). Additionally, its sorption hysteresis was more pronounced in the non-irrigated soil than in irrigated soils. The effect of the soil organic carbon content on sorption of the anionic antibiotic SMX was small compared to the effect of changing soil organic matter quality (i.e., increasing fraction of carboxylic moieties with increasing time of irrigation) and the effect of irrigation (e.g., due to competition with accumulated SMX or other wastewater-derived compounds for sorption sites). The observed reduction of sorption in combination with an increased biomass and activity of a potentially adapted microbial community in irrigated soils was hypothesized to accelerate dissipation of pharmaceuticals with increasing time of irrigation. However, dissipation half-lives (DT50) of SMX (2 - 33 days), DIC (< 0.1 - 1.4 days), BEZ (< 0.1 - 4.8 days), NAP (6 - 19 days), as well as of CAR (355 - 1624 days) and CIP were not affected by wastewater irrigation. Dissipation of trimethoprim (TRI) was even slower in soils irrigated for 100 years (DT50: 45 - 72 days) than in non-irrigated soils (DT50: 12 - 16 days), being negatively correlated with soil organic carbon content and soil-water distribution coefficients. The application of a kinetic fate model suggested that the cationic or uncharged TRI and uncharged CAR were sequestered more efficiently in soils with a long history of irrigation, which reduced their bioaccessibility, while no such enhanced sequestration was observed for fast dissipating zwitterions or negatively charged pharmaceuticals. Low redox potentials likely promoted the dissipation of SMX, but did not lead to a release of formerly sorbed pharmaceuticals from the wastewater irrigated soil. Long-term wastewater irrigation can lead to the accumulation of pharmaceuticals in soils. This accumulation is not counteracted by an adaptation of the soil system during the course of long-term irrigation leading to an accelerated dissipation of pharmaceuticals. Changes in soil properties such as quality and quantity of soil organic matter can even delay dissipation of cationic pharmaceuticals and reduce sorption of anionic compounds thus challenging the stability of the soil aquifer treatment system in the long run. Future research should, therefore, assess the possibility of enhancing the sustainability of wastewater irrigation for example by different treatments of the wastewater prior to its use in agriculture.