Band 84:
Weigand, Susanne (2022): Topsoil selling and subsequent temporal variations of paddy soil properties in the Mekong Delta, Vietnam. 187 S., 15,- €
Zusammenfassung Band 84
Weigand, Susanne (2022): Oberbodenverkauf und anschließende zeitliche Veränderungen der Eigenschaften von Reisböden im Mekong Delta, Vietnam
Bodendegradation ist eine der Hauptbedrohungen nachhaltiger Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit in den Tropen und Subtropen, wo zukünftig Bevölkerungswachstum erwartet wird. Eine extreme Form von potenzieller Bodendegradation ist der Oberbodenverkauf (TSS), der gewissermaßen einer extremen anthropogenen Erosion entspricht, die in mehreren Provinzen im Mekong Delta, Vietnam praktiziert wird. TSS wird unter anderem für eine vereinfachte Bewässerung im Reisanbau sowie für die Gewinnung von Ton für die Ziegelproduktion durchgeführt. Ziel dieser Studie war es, die Auswirkungen von TSS auf die Bodenfruchtbarkeit zu betrachten und zu untersuchen, ob und in welcher Geschwindigkeit sich die Böden nach TSS erholen. Besonderer Fokus lag hierbei auf der Untersuchung von Makronährelementen, den Bindungsformen von Phosphor und Schwefel, sowie auf der Signatur von Biomarkern der organischen Bodensubstanz.
Um die Auswirkungen von TSS im Mekong Delta zu betrachten, habe ich Bodenchronosequenzen in den beiden Provinzen Sóc Trăng (ST) and Trà Vinh (TV) beprobt und mit einer Umfrage zum TSS unter den Landwirten ergänzt. Beprobt wurden jeweils Flächen von denen kein Oberboden entfernt wurde (= Kontrolle) sowie 1, 2, 3, und 8 Jahre nach TSS in ST bzw. von Kontrollfeldern und 3, 5 und 8 Jahre nach TSS in TV. Drei Horizonte wurden beprobt: Ap, Bg1 und Bg2. Als grundlegende Bodencharakteristika wurden pHH2O, Lagerungsdichte, elektrische Leitfähigkeit, Kationenaustauschkapazität, Eisenoxide (FeD, FeOX) und als refraktäre Elemente Zrtot und Titot bestimmt. Zur Kennzeichnung der Bodenfruchtbarkeit habe ich die Gesamtgehalte essenzieller Nährelemente wie Corg, Ntot, Ptot, Stot, Cutot, Zntot, Zrtot sowie deren bioverfügbaren Anteile nach Mehlich 3 Extraktion bestimmt. Um detailliertere Einblicke in die Nährstoffdynamik zu erhalten wurde zudem Phosphor- und Schwefelkonzentrationen nach sequenzieller Extraktion bestimmt. Zur Aufklärung der Herkunft der organischen Bodensubstanz analysierte ich ligninbürtige Phenole als Marker für Pflanzenrückstände und Aminozucker als Marker für pilzliche und bakterielle Nekromasse. Die Datenauswertung erfolgte mittels Varianzanalyse und post-hoc Mittelwertvergleichen sowie mittels linearer Regressionsanalyse.
Die Ergebnisse der Befragungen zeigten, dass Landwirte TSS durchaus positiv gegenüberstanden, da sie sich Vorteile für die Feldbewirtschaftung (z. B. günstigere Bewässerung, leichterer Pflanzenschutz) erhofften und subjektiv auch höhere Erträge erzielten. Die Bodenanalysen zeigten jedoch, dass sich die Bodeneigenschaften nach TSS zum Teil signifikant verändert haben. Begleitet von Verschiebungen in der Sedimentherkunft und der Textur scheinen mehr als ca. 30 % des organischen Kohlenstoffs- und des gesamten Stickstoffs durch TSS unwiederbringlich verloren zu sein. Ihre Konzentration veränderte sich nach initialem TSS nicht weiter, was eine anhaltende Verschlechterung der Bodenfruchtbarkeit bedeutet. Die S-Konzentrationen nahmen in einzelnen Fraktionen sogar um bis zu 50 % ab. P war nach TSS um 29-87 % mehr an Eisenoxide gebunden, und somit schlecht pflanzenverfügbar. Die sich neu bildenden Ap-Horizonte waren hingegen unter anderem mit Magnesium und Zink angereichert, was bedeutet, dass die Bodendegradation nicht universell alle Nährstoffe gleichermaßen betraf.
Mit Hilfe von Biomarker-Analysen wurden Veränderungen der organischen Substanz im Boden verfolgt. Die Ergebnisse zeigten, dass nicht nur die Konzentrationen von Ligninkomponenten im Ap-Horizont nach TSS signifikant um 30 % in ST reduziert wurden, sondern, dass sie auch einen geringeren Oxidationsgrad (um 13-35 %) aufwiesen und somit auf eine Verjüngung des Ligninpools hindeuteten. Dies war in Übereinstimmung mit einer signifikanten Reduktion der Konzentrationen mikrobieller Rückstände (um 39-46 %). In ST war der Anteil an bakteriellem Kohlenstoff im Ap-Horizont um 15 % höher nach TSS. Dies stützt die Annahme, dass nicht nur die Konzentrationen mikrobieller Rückstände durch TSS reduziert wurden, sondern auch die Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft verändert wurde.
Insgesamt schien TSS zwar unter den Landwirten anerkannt zu sein, jedoch weisen die Daten auf eine riskante Praxis hinsichtlich Bodenproduktivität, Nachhaltigkeit und Lebensmittelsicherheit hin, mit teilweise unvorhersehbaren Langzeit-Konsequenzen für den künftigen Reisanbau. Insbesondere wenn zukünftig zunehmende Meerwasserintrusion zusätzlichen Druck auf den Reisanbau im Mekong Delta ausüben wird, sollten die Behörden von Oberbodenverkauf abraten, gerade um Armutsfallen zu vermeiden. Sollten Landwirte jedoch gezwungen sein Boden zu verkaufen, dann sollte der Unterboden verkauft werden, der nährstoffreiche Oberboden gesammelt und nach der Unterbodenentfernung wieder auf den Feldern verteilt werden (= Unterbodenverkauf). Es sollte außerdem in Betracht gezogen werden z. B. das Aushubmaterial von Fisch- oder Garnelenteichen auf TSS-Standorten zu verteilen (= Oberbodenzugabe).
Wenn der gesamte Oberboden bereits abgetragen wurde und keine andere Bodenquelle zur Verfügung steht, kann die kontinuierliche langfristige Zugabe von Kompost, basierend auf mit Pilzen geimpftem Reisstroh potentiell die Bodenqualität an TSS-Standorten nachhaltig verbessern.
Abstract Band 84
Weigand, Susanne (2022):Topsoil selling and subsequent temporal variations of paddy soil properties in the Mekong Delta, Vietnam
Soil degradation is one of the main threats to sustainable agriculture and food security in the tropics and subtropics, where future population growth is expected. An extreme form of potential soil degradation is topsoil selling (TSS), which is in a sense equivalent to extreme anthropogenic erosion and is practiced in several provinces in the Mekong Delta, Vietnam. TSS is done, among other things, for simplified irrigation and for the extraction of clay for brick production. The objective of this study was to look at the impact of TSS on soil fertility and to investigate whether and at what rate soils recover after TSS. Particular focus was placed on the study of macronutrients, phosphorus and sulfur binding forms, and on the signature of biomarkers in soil organic matter.
To consider the effects of TSS in the Mekong Delta, I sampled soil chronosequences in the two provinces of Sóc Trăng (ST) and Trà Vinh (TV) and supplemented them with a survey on TSS among farmers. Fields from which no topsoil was removed (= control) and 1, 2, 3, and 8 years after TSS in ST and from control fields and 3, 5, and 8 years after TSS in TV were sampled. Three horizons were sampled: Ap, Bg1, and Bg2. The basic soil characteristics determined were: pHH2O, bulk density, electrical conductivity (ECH2O), cation exchange capacity (CEC), as well as iron oxides (FeD, FeOX) and Zrtot and Titot as refractory elements. To characterize soil fertility, I determined total concentrations of essential nutrient elements such as Corg, Ntot, Ptot, Stot as well as Cutot, Zntot, Zrtot, and their bioavailable fractions after Mehlich 3 extraction. To gain more detailed insights into nutrient dynamics, I analyzed phosphorus and sulfur concentrations after sequential extraction. To elucidate the origin of soil organic matter, I analyzed lignin-derived phenolic compounds as markers of plant residues and amino sugars as markers of fungal and bacterial necromass. The data was analyzed using analysis of variance and post-hoc mean comparisons as well as linear regression analysis.
The results from the survey showed that farmers were partly positive about TSS because they hoped for advantages in field management (e.g., cheaper irrigation, easier crop protection) and subjectively also obtained higher yields. However, soil analyses showed that soil properties changed significantly in some cases after TSS. Accompanied by shifts in sediment origin and texture, ca. 30 % of Corg and Ntot seemed to be irretrievably lost due to TSS; their concentration did not change further after initial TSS, indicating a persistent reduction in soil fertility. The sulfur concentrations even decreased by up to 50 % in individual fractions. The portions of P after TSS were 29-87 % more bound to iron oxides, and thus poorly available to plants. However, the newly formed Ap horizons were enriched in some nutrients such as magnesium and zinc, implying that soil degradation did not universally affect all nutrients equally.
Biomarker analyses were used to track changes in soil organic matter. The results showed that the concentrations of lignin components in the Ap horizon were not only significantly reduced by 30 % in ST, but also that they also had a lower oxidation degree (by 13-35 %) after TSS, indicating a lower degree of degradation and thus a rejuvenation of the lignin pool. This was in line with a significant reduction of microbial residue concentrations (by 39-46 %). In ST, the proportion of bacterial derived carbon in the Ap horizon was 15 % higher after TSS, supporting the assumption that not only the concentrations of microbial residues were reduced through TSS, but also that the microbial community (necromass) composition was altered through TSS.
Overall, while TSS appeared to be relatively accepted among farmers, the data points to a risky practice in terms of soil productivity, sustainability, and food security, with sometimes unpredictable long-term consequences for future rice production. In particular, if increasing seawater intrusion in the future puts additional pressure on rice cultivation in the Mekong Delta, surely the authorities should continue to discourage topsoil selling to prevent poverty traps. In cases where farmers are still forced to sell soil, the subsoil should be sold and the nutrient-rich topsoil put aside and distributed on the fields after subsoil removal (= subsoil selling). It should also be considered to redistribute, e.g., excavated soil from digging fish- or shrimp ponds on TSS fields (= topsoil adding).
When the entire topsoil has already been removed and no alternative soil source is available, the continuous long-term amendment of compost that is based on fungi inoculated rice straw has the potential to improve the soil quality at TSS sites sustainably.